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Todesstrafe
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- Todeskampf in der
Gaskammer; Lausitzer Rundschau / Elbe-Elster Rundschau 05. März 1999
- Kommentiert:
Unwürdiger Rechtsbruch; Lausitzer Rundschau / Elbe-Elster Rundschau 05. März 1999
- Für Vergebung der Todesstrafe; Neues
Deutschland 06./07. März 1999
- Bonns Einsatz blieb vergeblich; Die Welt 05.
März 1999
- 18 Minuten dauerte der
Todeskampf von Walter LaGrand; Die Welt 05. März 1999
- Kurzmeldung: Todesurteil
aufgehoben;
Neues Deutschland 13./14. März 1999
- Bush kannte keine Gnade - Urgroßmutter Beets hingerichtet;
Neues Deutschland 26./27. Februar
2000
Lausitzer Rundschau / Elbe-Elster Rundschau 05.
März 1999
Todeskampf in der Gaskammer
Deutscher Walter LaGrand exekutiert / Letzte Entschuldigung bei Familie des Opfers
Protest gegen Todesstrafe
Die wegen Ermordung eines Bankfilialleiters 1982 zum Tode verurteilten Brüder hatten
sich in der Hoffnung für die Gaskammer entschieden, diese Hinrichtungsmethode würde von
Berufungsgerichten wegen ihrer Grausamkeit für verfassungswidrig erklärt werden.
Während das Appellationsgericht in San Francisco die Hinrichtung der Brüder mit Gas
verbieten wollte, ließ das Oberste Gericht der USA auf Antrag Arizonas die Exekutionen
zu. Walter LaGrand sagte schließlich, er wolle mit seinem Tod in der Gaskammer gegen die
Todesstrafe protestieren. Infolge dieser letzten juristischen Schritte verschob sich die
Exekution um mehrere Stunden.
Vor der Hinrichtung entschuldigte sich LaGrand mit seinen letzten Worten bei den Familien
des Opfers. Weiter sagte er: "An all meine Lieben, ich hoffe, ihr findet Frieden. An
alle hier Versammelten, ich vergebe Ihnen und ich hoffe, daß mir in meinem nächsten
Leben vergeben werden kann."
Der Hinrichtung war ein zwei Tage dauerndes juristisches und diplomatisches Tauziehen
vorausgegangen. Doch halfen dem Todeskandidaten weder die Forderung des von Bonn
angerufenen Internationalen Gerichtshofes in Den Haag nach Exekutionsaufschub noch der
Appell des Vizepräsidenten des Internationalen Gerichtshofs, Christopher Weeramantry, an
die US-Regierung, sie solle alles tun, um auf die Behörden Arizonas im Sinne eines
Hinrichtungsaufschubs einzuwirken.
Die Bundesregierung hatte noch am Dienstag das Haager Gericht angerufen, weil die
deutschen Behörden beim Verfahren gegen LaGrand zu spät eingeschaltet worden waren,
obwohl dieser deutscher Staatsbürger war. Gouverneurin Jane Hull lehnte Gnadenappelle von
Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer ab. Sie ignorierte auch
eine Empfehlung des Begnadigungsausschusses von Arizona, die Hinrichtung um 60 Tage
aufzuschieben.
Wahl: Gas oder Spritze
Arizona führte die Hinrichtung mit tödlichen Injektionen ein, nachdem 1992 der
elfminütige Todeskampf eines Delinquenten in der Gaskammer als zu grausam empfunden
wurde. Vor 1992 verurteilte Todeskandidaten wurde allerdings die Wahl der Hinrichtungsart
freigestellt. Gaskammern gibt es nur in fünf der 38 US-Staaten, die die Todesstrafe
haben. Wie das amerikanische Nationale Informationszentrum über die Todesstrafe
mitteilte, wurden seit Wiederzulassung der Todesstrafe in den USA 1976 nur zehn der 500
Verurteilten in der Gaskammer hingerichtet.
Klimaanlagen sollen verrotten
Von PETER RZEZNITZECK
Jane Dee Hull gilt in der US-Politik nicht gerade als zartbesaitet. Die republikanische Gouverneurin von Arizona steht der Rechtstradition der Südstaaten, und die baut auf unerbittliche Härte gegenüber Kapitalverbrechern. Im "Todesgürtel" von Texas über Alabama bis Florida werden die meisten Hinrichtungen vollzogen. Und wehe dem Politiker, der diese "menschliche Wegwerfmentalität" anzweifelt oder sich darüber hinwegsetzt. "Ich werde sicherstellen, daß wir weiterhin mit Nachdruck die Todesstrafe durchsetzen", verkündete die 63jährige in ihrer Regierungserklärung. Selbst offensichtliche Verfahrensfehler scheinen Hull nicht von ihrer harten Linie abbringen zu können wie 1998 der Fall des Honduraners José Villafuerte zeigte. Auch sonst zeigt die Gouverneurin keine Sympathien für Häftlinge. Als Parlamentsabgeordnete machte sie den Vorschlag, die Klimaanlagen in Gefängnissen einfach verrotten zu lassen. Auf diese Weise würde man einige Insassen auf natürliche Weise loswerden.
Exekution in 90 Ländern
In den USA warten zur Zeit über 3000 Häftlinge auf ihre Hinrichtung. Seit 1976, als der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe wieder zuließ, gab es mehr als 5000 Hinrichtungen. Nach UNO-Angaben wird die Todesstrafe in über 90 Ländern vollstreckt. In circa weiteren 40 ist sie legal, wird aber nicht mehr vollstreckt. Beispielsweise wurden 1998 in China 3152 Todesurteile gefällt und die Hälfte davon vollstreckt. In Deutschland ist die Todesstrafe seit 1949 abgeschafft, in Großbritannien seit 1969 und in Frankreich seit 1981.
Hinrichtung ist teurer als Haft
Im US-Staat Florida beispielsweise kostet jede Hinrichtung circa 3,18 Millionen Dollar. Die Kosten entstehen durch: Mehraufwand an Experten-Gutachten, Ermittlern, längere Verfahren, die Unterbringung der Jury, zwei getrennte Verhandlungen, Berufungsverfahren, Isolierung der Verurteilten in Hochsicherheits-Todestrackten, zusätzliches Wachpersonal, keine Möglichkeit zu arbeiten. Die Kosten für lebenslängliche Haft (40 Jahre) betragen circa 516 000 Dollar.
Urteil muß einstimmig sein
Eine Jury von zwölf Geschworenen befindet über Schuld oder Unschuld des Angeklagten. Das Urteil muß bei Kapitalverbrechen einstimmig erfolgen. Die ausgesprochene Todesstrafe kann nur ein Begnadigungsausschuß und/oder der Gouverneur bzw. der Oberste Gerichtshof der USA aufschieben oder in lebenslängliche Haftstrafe umwandeln.
Lausitzer Rundschau / Elbe-Elster Rundschau 05. März
1999
Kommentiert
Unwürdiger Rechtsbruch
VON VERENA UFER
Einen Menschen zu vergasen - welche Schuld auch immer er auf sich geladen hat - ist
barbarisch und eines demokratischen Staates absolut unwürdig. Man verspürt Übelkeit
beim Hören von Augenzeugen-Berichten über Exekutionen, wie gestern im Fall LaGrand.
Der besonders grausamen Hinrichtung des Deutschen ging neben Gnadenappellen der
Bundesregierung auch eine Mißachtung des Einspruchs vom Internationalen Gerichtshof in
Den Haag voraus. Und somit war die Exekution auch ein eklatanter Bruch des Völkerrechts.
Die Bundesregierung darf angesichts dieser Tatsache jetzt nicht einfach zur Tagesordnung
übergehen, sondern muß mit diplomatischen Mitteln, aber dennoch nachdrücklich, vom
Bündnispartner die Einhaltung internationaler Abkommen einfordern. Auch wenn die
Vereinigten Staaten traditionell harthörig und unwillig sind gegenüber Ermahnungen aus
dem Ausland darf Bonn außerdem nicht nachlassen, immer wieder generell gegen die
Ausübung der Todesstrafe zu protestieren. Zumal bisher keine Statistik der Welt den
Nachweis erbrachte, daß Exekutionen die Kriminalitätsrate, die Gewaltbereitschaft in der
Gesellschaft senken.
Neues Deutschland 06./07. März 1999
Für Vergebung der Todesstrafe
Bruderhofgemeinschaft lehnt Hinrichtungspraxis ab
Von Ingolf Bossenz
Die Hinrichtung der beiden LaGrand-Brüder in Arizona hat in den USA die Diskussion um
die Todesstrafe neu belebt.
Als Johann Christoph Arnold vor zwei Jahren im Todestrakt von Connecticut einen
Serienmörder und Vergewaltiger besuchte, stellte er sich die Frage, ob man einem solchen
Menschen vergeben könne, und zwar als einem Mitmenschen, der furchtbare Dinge getan hat.
Er bejahte dies.
Der in Rifton (USA-Staat New York) lebende Arnold ist Vorsteher der internationalen
Bruderhofgemeinschaft, einer evangelischen Bewegung, die sich einem einfachen,
gewaltfreien Leben in Gütergemeinschaft verschrieben hat. In den 20er Jahren von Eberhard
Arnold (Großvater von Johann Christoph Arnold) in Deutschland gegründet, wurden ihre
Mitglieder nach Machtantritt der Nazis aus der Heimat vertrieben. Die nachfolgende Odyssee
führte über Lichtenstein und Südamerika in die USA und nach England, wo es heute sechs
beziehungsweise zwei Bruderhöfe gibt.
Die Nachricht von der Hinrichtung von Karl und Walter LaGrand erreichten Johann Christoph
Arnold in Deutschland, wo der 59jährige gerade sein jüngstes Buch "Wer vergibt,
heilt auch sich selbst" (erschienen bei Herder) vorstellte. Nicht nur, daß die
LaGrand-Brüder auch Deutsche sind, macht ihn betroffen. Als entschiedener Gegner der
Todesstrafe hat er in den letzten Jahren zahlreiche Aktionen der Bruderhofgemeinschaft
gegen die exzessive Hinrichtungspraxis in den USA organisiert. So für den vor 17 Jahren
im Bundesstaat Pennsylvania wegen angeblichen Polizistenmordes zum Tode verurteilte
afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal, mit dem Arnold persönliche Freundschaft
verbindet.
Daß die Todesstrafe durch das Gesetz erlaubt sei, rechtfertige diese nicht, sagt der
Leiter der Bruderhöfe im Gespräch mit ND. "Denn es gibt ein höheres, ewiges
Gesetz: Vor Gott ist jedes Menschenleben unantastbar." Es gelte vielmehr, gegen die
Ursachen der Kriminalität vorzugehen. Als einen wichtigen Beitrag dazu sieht Johann
Christoph Arnold die Bereitschaft, den Kreislauf von Rache und Vergeltung zu durchbrechen
und jenen Menschen, die Verbrechen begangen haben, diese zu vergeben. "Das heißt
nicht, Verbrechen zu verharmlosen oder stillschweigend darüber hinwegzusehen. Aber wir
dürfen solchen Menschen auch nicht von Beginn an die Möglichkeit nehmen, sich zu
ändern." Arnold verweist auf ein Wort Martin Luther Kings, mit dem er einst
gemeinsam in Alabama demonstrierte: Vergebung hat die Kraft, einen Feind zu einem Freund
zu machen.
Gerade in den Tagen, die die letzten der LaGrands waren, kam aus den USA eine Meldung, die
Arnolds Hoffnung neue Nahrung geben kann. Die 600 Mitglieder starke Gruppe "Familien
von Mordopfern für Aussöhnung" appellierte an den Staat Arizona, die
Todeskandidaten zu verschonen. Renny Cushing, Vorsitzender der 1976 gegründeten
Vereinigung, ist sich sicher, daß Hinrichtungen "nicht den ersehnten Frieden
bringen". Cushing war der Organisation vor elf Jahren beigetreten, nachdem sein Vater
vor den Augen seiner Mutter erschossen worden war. Er ist heute froh, daß der Täter mit
lebenslanger Haftstrafe davonkam. Durch Aussöhnung wollen die Vereinsmitglieder
"Heilung in sich selbst" finden. "Vergeben ist der Weg zu Frieden und
Glück", heißt es im Buch von Johann Christoph Arnold. "Es ist ein Geheimnis,
das uns verborgen bleiben wird, solange wir uns nicht auf die Suche danach begeben."
Bonns Einsatz blieb vergeblich
LaGrand in den USA hingerichtet - Oberstes Gericht lehnt deutschen Antrag ab
Florence/Bonn - Trotz gerichtlicher der Bundesregierung in Bonn ist der Deutsche
Walter LaGrand am Mittwoch abend (Ortszeit) im US-Bundesstaat Arizona hingerichtet worden.
Der wegen Raubmordes verurteilte Mann habe in der Gaskammer des Staatsgefängnisses von
Florence einen "furchtbaren Todeskampf" durchgemacht berichteten Zeugen. Der
Oberste Gerichtshof in Washington hatte in letzter Minute einen Antrag Bonns, die
Hinrichtung auszusetzen, abgelehnt.
Daraufhin fand die Exekution, die zunächst für 15.00 Uhr (Ortszeit) angesetzt war, um
21.12 Uhr (5.12 Uhr MEZ) statt. Der Tod wurde erst 18 Minuten später festgestellt.
Bevor das giftige Zyanid in die Gaskammer geleitet wurde, bat der 37jährige um Vergebung
für seine Verbrechen. Walter LaGrand und sein zuvor bereits hingerichteter Bruder Karl
waren 1984 wegen Mordes an dem Bankangestellten Ken Hartsock und versuchten Mordes an
dessen Kollegin Dawn Lopez bei einem Banküberfall 1982 zum Tode verurteilt worden.
Beim Obersten Gericht der USA hatte Bonn am Mittwoch einen Hinrichtungsaufschub mit der
Begründung beantragt, die Brüder LaGrand hätten bei der Festnahme 1982 keinen deutschen
Rechtsbeistand in Anspruch nehmen können. Die zuständigen deutschen Stellen seinen
damals nicht informiert worden. Damit hätten die USA das Wiener Übereinkommen über
Konsularbeziehungen verletzt.
Die Richter in Washington wiesen den Antrag ab. Bonns Ersuchen sei erst zwei Stunden vor
dem geplanten Hinrichtungstermin eingegangen, hieß es. Dieser habe bereits seit dem 15.
Januar festgestanden - "auf der Basis eines Urteils von 1984, von den die
Bundesrepublik Deutschland seit 1992 weiß". "Es erscheint", daß die USA
durch die Wiener Konvention nicht ihre "souveräne Immunität" aufgegeben
hätten.
Die Richter hoben auch ein vom Neunten Bundesberufungsgericht in San Francisco verfügtes
Hinrichtungsverbot durch Giftgas auf. Die Berufungsinstanz hatte diese Strafe für
"grausam" und deshalb verfassungswidrig erklärt. Der Staat Arizona hatte
dagegen Einspruch erhoben.
Bundesaußenminister Joschka Fischer setzte sich vergeblich ein einem Telefongespräch mit
der Gouverneurin von Arizona, Jane Hull, für den Todeskandidaten ein. Dabei hatte sich
sogar der Begnadigungsausschuß von Arizona für einen Aufschub ausgesprochen.
Vor der Hinrichtung wandte sich LaGrand an die Frau, die den Überfall überlebt hatte,
und die Hinterbliebenen des Mordopfers. "Es tut mir leid", sagt er, "ich
hoffe, Sie finden Frieden ... Ich hoffe, ich werde in meinem nächsten eben Vergebung
finden."
Mit Walter LaGrand starb erstmals seit 1992 in Arizona ein Häftling in der Gaskammer.
Damals war die Giftspritze als Exekutionsmethode eingeführt worden. Vorher Verurteilte
können aber weiter auch Giftgas wählen. Dies taten sowohl Karl als auch Walter LaGrand.
Letzterer wollte damit nach eigenen Worten gegen die Todesstrafe protestieren. Sein
35jähriger Bruder entschied sich aber kurz vor der Hinrichtung am 24. Februar dieses
Jahres dafür, doch durch die als weniger qualvoll geltende Giftspritze zu sterben.
Mehr Informationen über die Todesstrafe unter: http://www.aclu.org/executionwatch.html
18 Minuten dauerte der Todeskampf von Walter LaGrand
Die Gaskammer gilt als grausamste Hinrichtung
V
on Carter S. DoughertyHinrichtungen in den USA
Giftspritze | 366 |
Elektrischer Stuhl | 141 |
Gaskammer | 11 |
Strick | 3 |
Erschießen | 2 |
523 Hinrichtungen seit Ende des Moratoriums 1976
Gefängnisse des Bundesstaates Arizona im Internet unter: http://www.adc.state.az.us:81/prison1.htm
Neues Deutschland 13./14. März 1999
Todesurteil aufgehoben
Chicago (Reuters/ND). Ein Gericht im US-Bundesstaat Illinois hat offiziell das Todesurteil gegen einen Mann aufgehoben, der 16 Jahre unschuldig wegen eines Doppelmordes im Gefängnis saß und hingerichtet werden sollte. Das Gericht folgte damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die seine Unschuld als erwiesen bezeichnet hatten.
Neues Deutschland 26./27. Februar 2000
USA/Texas
Bush kannte keine Gnade - Urgroßmutter Beets hingerichtet
Trotz zahlreicher Verfahrensfehler wurde das Todesurteil vollstreckt
Von Konrad Ege, Huntsville
Es sei eine »problemlose« Routinehinrichtung gewesen, erklärte die Leitung des Hochsicherheitsgefängnisses von Huntsville Um 18.18 Uhr (Ortszeit) wurde das Todesurteil gegen die 62-jährige Betty
Lou Beets am Donnerstagabend mit der Giftspritze vollstreckt.
Die Hinrichtung der sechsfachen Urgroßmutter war die 121. seit dem Amtsantritt des texanischen Gouverneurs George W. Bush
vor fünf Jahren. Etwa hundert Demonstranten waren vor dem Gefängnis erschienen. Zuvor hatte es über
Monate hinweg zahlreiche Gnadenappelle von Bischöfen, Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Frauenverbänden gegeben. Sie blieben vergeblich.
Die grauhaarige Beets hatte im Todestrakt viel gestrickt und gehäkelt. In den Medien galt die frühere Kellnerin als
die »schwarze Witwe«: Sie war wegen des Mordes an ihrem fünften Ehemann Jimmy Beets 1983
zum Tod verurteilt worden. Beets habe aus Habgier getötet, weil sie das Geld aus
der Lebensversicherung haben wollte, hatte das Gericht argumentiert. Angeblich soll die Frau auch ihren vierten Ehemann ermordet haben, wofür es jedoch keine Beweise gibt. Nach Darstellung ihres Anwalts wurde Beets ihr
Leben lang von Männern misshandelt, auch von Jimmy Beets. Nach der Vergewaltigung durch ihren eigenen Vater litt sie an schweren
psychischen Schäden sowie den bleibenden Folgen einer Hirnhautentzündung.
Nu einmal hatte George W. Bush einen Todeshäftling begnadigt, weil dieser für den Zeitpunkt des Mordes ein felsenfestes Alibi vorlegen konnte. Er prüfe bei Gnadengesuchen, »ob die Geschworenen mit allen Fakten
vertraut gewesen sind, ob der Verurteilte schuldig ist, und ob er ein vollständiges Berufungsverfahren hinter sich hat« erklärte der republikanische Präsidentschaftskandidat.
Nach Ansicht des USA-Menschenrechtlers David Atwood gab es bei Beets aber genug Gründe für eine
Begnadigung. Die Geschworenen hätten vieles nicht gewusst. Es gab katastrophale Fehler der Verteidigung: So erwähnte Beets damaliger Anwalt E. Ray Andrews im Prozess nicht die dauernden Misshandlungen der Frau als mildernde Umstände. Außerdem
verschwieg er vor Gericht, dass Beets entgegen der Anklageschrift zum Zeitpunkt des Mordes überhaupt nichts von der Lebensversicherung gewusst hatte.
In Texas ist das ausschlaggebend: Das Todesurteil konnte nur gefällt werden,
weil Beets ihren Mann angeblich aus finanziellen Gründen umgebracht hatte. Bei einem »einfachen Mord« hätte sie maximal eine lebenslange Haftstrafe
erhalten. Andrews hat anscheinend nichts gesagt, weil er ein Buch über die »schwarze Witwe« schreiben
wollte. Nach einem Bericht der »Washington Post« wurde Andrews, wenige Jahre später Staatsanwalt. 1994 wurde er zu dreieinhalb
Jahren Gefängnis verurteilt, weil er einem Mörder angeboten hatte, für 300000 Dollar nicht die Todesstrafe zu
verlangen.
Bush lehnte Beets Gnadengesuch trotz allem kurz vor der Hinrichtung ab. Er sei von ihrer Schuld überzeugt und
die Gerichte hätten den Fall ausreichend untersucht. In den vergangenen Monaten
war Bush zunehmend in die internationale Kritik geraten. Nirgendwo in den USA werden so viele Menschen hingerichtet wie in Texas. Beets Exekution war die
zweite Hinrichtung einer Frau in Texas seit 1863.
epd