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Wahlkampf
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Schabowski war der Schmetterling, zum Platz der DDR in der Geschichte, Deutsche Interessen in Serbien, Der Krieg um das Image, Für Krieg gibt es keine guten Gründe, Der Fall des Eisernen Vorhangs und der Schock der Freiheit,
Novemberrevolution Deutschland 1918,
Lausitzer Rundschau / Elbe-Elster Rundschau 17. Juli 1998
Komische Regeln im deutschen Wahlkampf
Das ist kein Krieg - im Krieg herrschen Regeln, sagte neulich Kumpel Bernd, als wir via TV
Zeugen des Wahlkampfs wurden. In der Tat scheinen im Wahlkampf alle Regeln verschütt
gegangen: Jene der Höflichkeit, solche des Anstands und die des maß-vollen Umgangs
miteinander. Wahlkampf ist also kein Krieg. Dennoch verhalten sich die Darsteller wie
verwundete wilde Tiere: Aggressiv und gefährlich schlagen sie auf alles, was sich bewegt.
Auffallend dabei der Realitätsverlust: Sie fühlen sich bedroht von allem und jedem, auch
wenn diese Bedrohung gar nicht existiert. Die CSU hat sich mal wieder die Ausländer zum
Opfer ausgesucht. Auf die wird eingedroschen, als hätten die Dummköpfe der DVU das
Zentralkomitee der Christsozialen im Handstreich übernommen. Dem ist nicht so: Waigel,
Stoiber & Co. hetzen ,freiwillig und ohne Not gegen Menschen anderer Abstammung. Teile
der CDU nehmen das Thema dankbar auf: Rassismus und Nationalismus zielen auf primitivste
Instinkte - damit läßt sich die Wahl vielleicht noch gewinnen!
Nur soll sich niemand wundern, wenn sich hirnlose l6jährige wieder aufgefordert fühlen,
Häuser anzuzünden. Erstaunlich, wie die deutsche Öffentlichkeit damit umgeht: Während
,ausländische Zeitungen schreiben, was ist, nämlich daß die CSU eine rechtsradikale
Ausländerpolitik betreibt, wird bei uns so getan, als sei das Zündeln des bayerischen
Unionisten-Ordens ein wichtiger Beitrag zur demokratischen Kultur.
Es sind schon komische Regeln, die da auch im Wahlkampf herrschen: Sagt die DVU dasselbe
wie die CSU sind jene Nazis, diese Musterdemokraten. Gleiches gilt für SPD und PDS:
Letztere hat einfach nicht das Recht, gleiche Positionen zu vertreten wie die SPD, das
sind doch Altkommunisten - bäh! Schließlich FDP und Grüne: Während Westerwelles
asoziale Vorschläge (Dienstleistungsgesellschaft: 80 Prozent leisten Dienste für fünf
Prozent FDP-Wähler) als progressiv kommentiert werden, schreit von BILD bis SPIEGEL alles
auf, wenn bei den Grünen, einer meint, aus der Atomkraft könnte man aussteigen oder ein
anderer Tempo 100 fordert.
,,Dabei", sagt Kumpel Bernd, ,,wären die meisten Autofahrer froh, über Tempo 100 -
jedenfalls wenn sie grad' im Stau stehen.
Robert Grieß tritt seit 1988 als Kabarettist in Deutschland auf.
Der Kölner textet auch für die Leipziger Pfeffermühle